Was wäre, wenn … ganz Afrika nur noch eine Währung hätte?

Written by on 30/09/2019 in brand eins with 0 Comments

Ein Szenario.

(Andere Folgen der „Was wäre, wenn…?“-Kolumne aus brand eins HIER lesen.)

Die Idee einer gemeinsamen Währung für den gesamten afrikanischen Kontinent kam erstmals 1963 auf. Damals wurde die Organisation Afrikanische Einheit in Addis Abeba, Äthiopien, gegründet – das Konzept eines einheitlichen Zahlungsmittels aber nicht weiterverfolgt. Einen offiziellen Plan gab es erst 1991 im Rahmen des Abuja-Vertrags, der die Afrikanische Wirtschaftsgemeinschaft begründete. Bis 2028 solle es eine afrikanische Zentralbank und nach Möglichkeit auch eine gemeinsame Währung geben, stand darin. Der Weg dahin ist allerdings noch weit, und viele bezweifeln, dass das ambitionierte Vorhaben überhaupt gelingen kann.

Doch was wäre, wenn Afrika tatsächlich eine gemeinsame Währung hätte? Wenn der „Afro“, wie das mögliche Pendant zum Euro manchmal scherzhaft genannt wird, Wirklichkeit werden würde?

Für alle Arten von Währungsunionen gilt: Ein gemeinsames Zahlungsmittel birgt extreme Vorteile für den Handel und Investitionen. Es vereinfacht, stabilisiert, beseitigt Transaktionskosten und Kursschwankungen. Eine Studie zweier US-Ökonomen kam 2001 zu dem Ergebnis, dass das durchschnittliche Handelsvolumen zwischen zwei Ländern mit einer gemeinsamen Währung dreimal so hoch ist wie das zwischen anderen Ländern.

Ob eine Währungsunion sinnvoll ist oder nicht, hängt allerdings davon ab, wie groß das Risiko für die einzelnen Mitgliedsstaaten und die Währung an sich wäre, sollte eines der Länder oder mehrere wirtschaftliche Probleme bekommen.

Wenn die Gefahr, dass dadurch alle in eine Krise geraten, niedriger ist als der Nutzen durch einen aufblühenden Handel, spricht man von einem optimalen Wirtschaftsraum. Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa betrachtet Afrika als einen solchen. Deshalb spricht er sich immer wieder für eine Währungsunion aus. Eine gemeinsame Währung – vielleicht zuerst digital umgesetzt – würde, so sagt er, den Handel zwischen den afrikanischen Nationen stärken, Investitionen in die Infrastruktur erleichtern und dem Kontinent helfen, unabhängiger zu werden.

Tatsächlich könnte Afrika enorm profitieren, wenn seine Länder stärker miteinander handelten. 2018 gingen nur 16 Prozent aller afrikanischen Exporte in andere afrikanische Länder, in Europa lag die Quote 2017 bei 64 Prozent. Viele afrikanische Volkwirtschaften sind zu klein, um jenseits von Öl- und Mineraliengewinnung Investitionen zu rechtfertigen.

Außerdem hätte ein einheitliches Zahlungsmittel nach dem senegalesischen Ökonom Ndongo Samba Sylla einen weiteren Vorteil: „Es wäre vor allem der Beweis, dass es gelungen ist, den Kontinent auch politisch zu einen. Und ein föderales Afrika mit gemeinsamer Finanz-, Handels- und Außenpolitik hätte auch in internationalen Foren eine gewichtigere Stimme.“

Sylla hat kürzlich gemeinsam mit der Französin Fanny Pigeaud ein Buch über den CFA-Franc geschrieben, das ist die Währung in den Staaten, die einst französische Kolonien waren. Acht west- und sechs zentralafrikanische Staaten mit insgesamt etwa 180 Millionen Einwohnern verwenden sie. Der CFA-Franc ist an den Euro gekoppelt und derzeit das größte gemeinsame Zahlungsmittel in Afrika.

„An ihm kann man sehen, wie eine gemeinsame Währung nicht sein sollte“, sagt Sylla. „Er entstand 1945 und funktioniert noch immer wie zur Kolonialzeit. Es gibt keine eigenständige Geldpolitik, alles muss mit Frankreich abgestimmt werden.“ Die Hälfte der Währungsreserven muss dort verbleiben, diese Fremdbestimmung führe dazu, dass die Länder, die das Zahlungsmittel verwenden, arm blieben.

Ndongo Samba Sylla plädiert dafür, dass sich die betroffenen Nationen von Frankreich loslösen. Dabei könnte eine gemeinsame afrikanische Währung helfen. Allerdings wäre das nicht für alle Länder von Vorteil: „Eine gemeinsame Währung würde etwa bedeuten, dass Nigeria aufgrund seiner Größe und Wirtschaftsleistung eine noch stärkere Vormachtstellung einnähme.“ Wirtschaftlich schwächere Staaten aber hätten nicht mehr die Möglichkeit, ihre Währung in einer Krise abzuwerten.

Die südafrikanische Wirtschaftswissenschaftlerin Thabi Leoka ist kein Fan einer Währungsunion.

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Foto: Christine Roy / Unsplash

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About the Author

About the Author: Christoph Koch ist Journalist (brand eins, GEO, NEON, Wired, GQ, SZ- und ZEIT-Magazin, Süddeutsche, etc.), Autor ("Ich bin dann mal offline" & "Digitale Balance" & "Was, wäre wenn ...?") sowie Moderator und Vortragsredner. Auf Twitter als @christophkoch unterwegs, bei Mastodon @christophkoch@masto.ai .

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