„Kein Start-up scheitert, weil Apple oder Google strenge Regeln haben“

Written by on 16/09/2019 in brand eins with 0 Comments

Ramzi Rizk, 36, ist Mitgründer und Chef-Entwickler der Foto-Community EyeEm. Seit 2011 haben dort mehr als 23 Millionen Fotografen ihre Bilder hochgeladen, um diese an Kunden zu verkaufen. Ohne die Smartphone-App wäre das unmöglich gewesen.

brand eins: Wie wichtig sind Apples App- Store und Googles Play Store für eine Firma wie Ihre?
Ramzi Rizk: Sehr wichtig. Man kommt an den Stores im Grunde nicht vorbei: Bei iOS ist es der einzige Weg, Apps überhaupt auf das Smartphone zu bekommen, ohne seine Garantie zu verlieren. Bei Android könnte man zwar die App als Datei aus dem Web laden und dann auf sein Telefon kopieren, aber das ist umständlich und unsicher. Das macht so gut wie niemand. Vor allem sind diese beiden Stores für die Sichtbarkeit wichtig: Wer dort in den Hitlisten, bei Suchergebnissen und Empfehlungen oben steht, wird von Millionen Nutzern gesehen.

Wie haben Sie davon profitiert?

Wir hatten mehrere Phasen, in denen wir dank der beiden Plattformen extrem wachsen konnten. Einmal hatte Instagram schlechte Presse bekommen, und einige Leute suchten nach einer neuen Fotoplattform. Also verhundertfachten sich plötzlich unsere Downloads. Wir landeten mit unserer App auf Platz 2 in den Download-Charts, direkt nach Youtube. So etwas bringt Aufmerksamkeit und wieder neue Downloads – ein sich selbst verstärkender Kreislauf. Ich gehe davon aus, dass ein Großteil unserer Nutzer über die App-Stores auf uns aufmerksam geworden ist. Mundpropaganda und Einladungen von Freunden sind auch wichtig. Aber wenn man zum Beispiel als „App des Tages“ vorgestellt wird oder generell ein gutes Ranking in den beiden Stores hat, ist das kaum zu toppen.

Wie funktioniert dieses Ranking?

Im Grunde ähnlich wie Suchmaschinenoptimierung (SEO) im Web. Analog dazu hat sich die Kunst der App-Store-Optimierung (ASO) entwickelt. So taucht eine gut programmierte App in der Suche weiter oben auf als eine, die langsam ist und oft abstürzt. Man testet aber auch genau, welche Schlagworte gut funktionieren, welches Icon die meisten Downloads bringt und so weiter.

Bei Googles Play Store gibt es auch sogenannte Badges, die einen als Top-Entwickler auszeichnen. Sie zu bekommen ist ein langwieriger Prozess, den wir aber auf uns genommen haben, weil sich auch das positiv auf das Ranking auswirkt. Am Ende macht sich das durch ein paar Tausend Downloads mehr pro Tag bemerkbar. Auch insgesamt verbessert sich durch so etwas das Verhältnis zu Google beziehungsweise Apple.

Warum ist das wichtig?

Es erhöht die Chance, dass die App mal wieder prominent präsentiert wird. Man wird außerdem früh über Änderungen im Betriebssystem informiert, über neue Funktionen beispielsweise. Als wir erfuhren, dass Apps bald auf das Ortungssystem des Smartphones zugreifen können, haben wir diese Funktion in unsere neueste App-Version integriert. Und Apps, die neue Fähigkeiten des Smartphones ausnutzen, werden von Apple und Google dann auch wieder besonders in den Vordergrund gestellt. Man könnte sagen: Wenn man mal drin ist, ist man drin.

Wie abhängig ist man als Entwickler von diesen zwei großen Plattformen?

Bei jüngeren Firmen, die noch keinerlei eigene Reichweite haben, gibt es definitiv eine Abhängigkeit. Vor allem wenn man etwas macht, das es schon gibt. Wenn einem etwas ganz Neues einfällt, kann man es vielleicht durch Presse und Weiterempfehlungen wettmachen. Man muss aber auch bedenken, dass einer Firma wie uns reine Downloads gar nicht so viel bringen: Wenn wir im Store prominent platziert sind und dadurch eine Million Menschen unsere App herunterladen, diese dann aber nie nutzen, haben wir nichts davon. Gefährlich wird es, wenn man sich in der Produktentwicklung nur darauf konzentriert, neue Funktionen von iOS oder Android einzubauen, um Apple und Google zu gefallen, und dabei die Weiterentwicklung der wichtigen Dinge außer Acht lässt.

Andersherum gefragt: Geht es ohne das Wohlwollen der beiden Konzerne und ihrer Stores?

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Foto: Sara Kurfeß / Unsplash

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About the Author

About the Author: Christoph Koch ist Journalist (brand eins, GEO, NEON, Wired, GQ, SZ- und ZEIT-Magazin, Süddeutsche, etc.), Autor ("Ich bin dann mal offline" & "Digitale Balance" & "Was, wäre wenn ...?") sowie Moderator und Vortragsredner. Auf Twitter als @christophkoch unterwegs, bei Mastodon @christophkoch@masto.ai .

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