Bestattungstrend: Schnellkompostierungs-Startups

Written by on 24/03/2023 in brand eins with 0 Comments

Sarg oder Urne? Neuerdings kann man auch einen Kokon wählen. Start-ups wie Recompose oder Meine Erde wollen mit einer neuen Form der Beisetzung das Bestattungswesen modernisieren – und ökologischer machen. 

Als Edward Abbey tot war, steckten die Männer ihn mit einem Haufen Trockeneis in seinen blauen Schlafsack und legten ihn auf die Ladefläche ihres Chevy-Pick-ups. Dann fuhren sie in die Wüste von Arizona und vergruben ihn, nachdem sie einen ganzen Tag lang nach einem geeigneten Ort gesucht hatten. 

Was klingt wie ein Verbrechen, war in Wirklichkeit der letzte Wille des Verstorbenen: Edward Paul Abbey, genannt „Cactus Ed“, war sein Leben lang Outdoor-Fan und Umweltaktivist. Er hatte zeitweise als Nationalpark-Ranger gearbeitet und nie eingesehen, eines Tages auf dieselbe Art beerdigt zu werden wie ein Stadtmensch, der eine Bullennatter nicht von einer Klapperschlange unterscheiden kann. Sein Auftrag an seine Freunde lautete deshalb: keine Einbalsamierung, kein Sarg, kein Friedhof. Sondern bitte Schlafsack, ein Platz in der Natur und viel Bier bei seinem Begräbnis. „Mein Körper soll Dünger für einen Kaktus oder einen Salbeibusch werden“, so verfügte es der Naturliebhaber, der Zeit seines Lebens auch zahlreiche Romane und Sachbücher über das Leben in der Wildnis geschrieben hatte. 

Auch am Lebensende: Viele deutsche Gesetze

Wer in Deutschland plant, so bestattet zu werden wie Edward Abbey und seine letzte Ruhe irgendwo in der Natur finden möchte, hat es deutlich schwerer. Zwei Regelungen stehen hierzulande einem Begräbnis im eigenen Schlafsack inmitten der Lieblingslandschaft im Weg: der Beisetzungszwang und der Friedhofszwang. Letzterer gilt in allen Bundesländern außer Bremen, dort wurde er gelockert. Wer gestorben ist, heißt das, muss nach bestimmten Vorschriften beigesetzt werden – und zwar, außer bei Seebestattungen, an einem Ort, der als Friedhof ausgewiesen ist. 

Doch es kommt Bewegung in die Branche. Denn immer mehr Menschen wünschen sich eine letzte Ruhestätte, die im Einklang mit der Natur steht. Bestattungen in Waldgebieten, die für Urnenbeisetzungen freigegeben wurden, boomen. Marktführer sind hier die Firmen FriedWald und RuheForst. Auch über den ökologischen Fußabdruck ihrer letzten Reise machen sich zunehmend mehr Menschen Gedanken. Wer eine möglichst „grüne“ Bestattung möchte, hat wohl bald eine neue Möglichkeit – die kontrollierte Kompostierung ohne Sarg. Sie verwandelt einen Leichnam binnen weniger Wochen in Erde. 

Spart Energie und schont Ressourcen

Erfunden hat die Methode das US-Unternehmen Recompose, das im Bundesstaat Washington sitzt und dort eine kontrollierte Renaturierung von Leichnamen seit 2020 anbietet. Die Gründerin Katrina Spade begann nach eigenen Angaben vor rund zehn Jahren, nach Alternativen zu den gängigen Bestattungsformen zu suchen. Sie erschienen ihr nicht nachhaltig genug eine Verbrennung verbraucht viel Energie und verursacht Emissionen. Eine Sargbestattung wiederum benötigt jahrzehntelang Platz, der gerade in den Städten rar ist. Mit der „Rekompostierung“ bietet ihre Firma nun einen Weg, eins mit der Natur zu werden, ohne ihr zu schaden. Das Angebot kommt gut an. Immer mehr US-Bundesstaaten erlauben die Methode. Und Hunderte Menschen haben sich bereits zu Lebzeiten ihre spätere Kompostierung gesichert, indem sie Geld dafür auf ein Treuhandkonto einzahlten.

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Text: Christoph Koch
Foto: Recompose

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About the Author

About the Author: Christoph Koch ist Journalist (brand eins, GEO, NEON, Wired, GQ, SZ- und ZEIT-Magazin, Süddeutsche, etc.), Autor ("Ich bin dann mal offline" & "Digitale Balance" & "Was, wäre wenn ...?") sowie Moderator und Vortragsredner. Auf Twitter als @christophkoch unterwegs, bei Mastodon @christophkoch@masto.ai .

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