Für die einen ist Homöopathie eine Alternative zur klassischen Medizin, für die anderen Humbug und Geldmacherei. An den Kügelchen hat sich ein emotionaler Glaubenskrieg entzündet. Deswegen habe ich alle wichtigen Infos in diesem Artikel gesammelt, durchbuchstabiert von A bis Z. Mein Lieblingsbuchstabe: P wie Placebo.
Apotheke
Für die Freunde homöopathischer Präparate ist die Tatsache, dass diese in Apotheken verkauft werden, ein Beleg für ihre Wirksamkeit. Für Homöopathie-Kritiker ist dieselbe Tatsache ein Skandal. Fakt ist, dass homöopathische Mittel apothekenpflichtig sind. Aber auch, dass die Tatsache, dass ein Produkt in einer Apotheke verkauft wird, noch nichts darüber aussagt, ob es sich um eine wirksame Arznei handelt. Schließlich gibt es in vielen Apotheken inzwischen auch Schokolade, Gummibärchen, Glückwunschkarten und andere Alltagsprodukte.
Im Juli dieses Jahres hatte sich die Bundestagsfraktion der CDU/CSU dafür ausgesprochen, die Apothekenpflicht für homöopathische Produkte aufzuheben: „Für die meisten dieser Präparate liegt kein Nachweis der Wirksamkeit vor, es erfolgt keine Zulassung mit klinischen Studien, lediglich eine Registrierung“, so Mechthild Heil, Verbraucherschutzbeauftragte der Unionsfraktion. „Der ausschließliche Verkauf in Apotheken erweckt dabei den Anschein, es würde sich um wissenschaftlich anerkannte Alternativen zu schulmedizinischen Medikamenten handeln. Wir sollten dem durch eine klare Regelung entgegenwirken.“
Der Pharma-Verband BPI sprach sich dagegen aus, die Apothekenpflicht aufzuheben. Auch der Bundesverband für Arzneimittelhersteller (BAH) kommentierte, homöopathische Arzneimittel seien „ein bewährter Bestandteil der Therapievielfalt in der Selbstmedikation“. Das ist jedoch wenig überraschend, wenn man weiß, dass viele der großen Globuli-Hersteller entweder selbst Sparten von klassischen Pharma-Unternehmen sind oder Firmen, die selbst in den Pharmaverbänden Mitglied sind (Industrie).
Basiswissen
Homöopathie ist eine Alternativmedizin, die Ende des 18. Jahrhunderts vom deutschen Arzt Samuel Hahnemann begründet wurde. Die Lehre basiert auf dem sogenannten Simile-Prinzip. Dieses geht davon aus, dass eine Krankheit durch ein – meist sehr stark verdünntes – Mittel geheilt werden kann, das ähnliche Symptome auslöst wie die Krankheit selbst. Heutzutage werden homöopathische Mittel überwiegend in Form von sogenannten Globuli dargereicht, das sind Minikügelchen mit Haushaltszucker als Trägerstoff. Bislang ist es nicht gelungen zu beweisen, dass homöopathische Mittel eine Wirksamkeit haben, die über den Placebo-Effekt hinausgeht. Zusätzlich ist es höchst unplausibel, dass ein Stoff in einer millionenfachen Verdünnung (D60) überhaupt eine Wirkung entfalten kann.
Befürworter der homöopathischen Methoden halten meist mit persönlichen Erlebnissen und Heilungserfolgen dagegen und wehren sich gegen die Ablehnung der akademischen Medizin und der Bezeichnung als „Pseudowissenschaft“. Gegner der Homöopathie können wiederum nicht begreifen, warum überhaupt jemand daran glauben kann, und warum Krankenkassen homöopathische Therapien erstatten und Apotheken die entsprechenden Präparate verkaufen. Die Diskussion zwischen Befürwortern und Gegnern ist inzwischen sehr emotional.
Charakter
Ein wichtiger Bestandteil der Homöopathie ist, dass jedem Kranken ein individuelles Präparat empfohlen wird. Neben der „erkennbaren Leibes-Beschaffenheit“ des Patienten ist dabei laut Samuel Hahnemann auch „sein gemüthlicher und geistiger Charakter“ sowie seine Lebensweise und Gewohnheiten entscheidend. Diese persönlichen Faktoren werden dann in einem sogenannten Repertorium nachgeschlagen und darauf basierend ein Mittel ausgewählt.
D60
Die extremen Verdünnungen, die Hahnemann und seine Nachfolger propagieren, werden mit Abkürzungen wie D1 (einmal 1:10 verdünnt), D4 (viermal 1:10 verdünnt) oder D60 (sechzigmal 1:10 verdünnt) angegeben. D60 entspricht in etwa einem Tropfen einer Substanz, die in Milliarden von Galaxien aufgelöst wurde. Diese extreme Verdünnung ist einer der Hauptkritikpunkte an der homöopathischen Lehre.
Denn ab einem gewissen Punkt ist keine Verdünnung mehr möglich. „Moleküle sind einzelne Gebilde, man kann sie nicht beliebig verdünnen“, schreibt Dr. med. Wolfgang Vahle für das Informationsnetzwerk Homöopathie. „Wenn nur noch 1 Molekül in der Lösung ist, dann ist nach der nächsten Verdünnung kein Molekül mehr in der Lösung – wenn doch, hat eine Verdünnung nicht stattgefunden.“ Die Grenze, bei der diese eine letzte Molekül „verschwindet“, liegt aufgrund der sogenannten Avogadro-Konstante etwa bei D23. Bei stärker verdünnten Mitteln ist also kein Wirkstoff mehr enthalten.
Emotional
Dass das Thema Homöopathie ein emotionales ist, wusste ich schon vorher. Bestätigt hat es mir aber noch einmal meine Umfrage, die ich im Vorfeld dieses Textes unter KR-Lesern und anderen Interessierten gemacht hatte. Als „schwachsinniger Unfug“, „unhaltbarer Quatsch“ und „esoterischer Bullshit“ wurde Homöopathie da von den Kritikern bezeichnet. Die Befürworter hingegen benutzten häufig Begriffe wie „Chemiekeule“ oder „Chemiebombe“, wenn sie herkömmliche Arzneimittel meinten. Als ich wissen wollte, welche Fragen zum Thema sie am meisten interessierten, antworteten mehrere Teilnehmer der Umfrage sogar direkt: „Warum ist die Debatte so emotional?“ Nun, warum ist sie es?
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Foto: Unsplash / Sebastian Pichler.