Menschen von A nach B zu fliegen ist für Fluglinien nicht besonders profitabel. Daher lassen sie sich allerlei Extras einfallen.
Hohe Personalkosten, saisonale Schwankungen, die Abhängigkeit vom Ölpreis – eine Fluglinie zu betreiben mag glamourös wirken, ist aber vor allem ein hartes Geschäft. Die Branche befindet sich in einem permanenten Preiskampf und ist – berechtigterweise – stark reguliert. Zudem müssen Airlines ständig investieren in Flugzeugflotte, Hangars und Landerechte an Flughäfen. Und auch die Luftverkehrsteuern, die Luftsicherheitsgebühren, Kosten für die Flugsicherung, Kraftstoffe und Lohnkosten steigen weltweit.
Alle vier großen US-Fluglinien (American, Delta, Southwest und United) machen mit ihrem Kerngeschäft – Menschen von A nach B zu transportieren – Verluste. Delta beispielsweise erzielte 17,7 Cent Umsatz pro verfügbarer Sitzmeile, im Fachjargon Passenger Revenue per Available Seat Mile (PRASM) genannt. Die Kosten pro Sitzmeile (CASM) betrugen jedoch 19,3 Cent.

In Europa sind die Flugzeuge im Schnitt etwas jünger und damit weniger wartungsintensiv als in den USA. Trotzdem geht die Entwicklung in eine ähnliche Richtung. Bei der International Airlines Group (IAG), die hinter British Airways, Iberia und Vueling steht, waren die Kosten pro Sitzmeile um rund 14 Prozent höher als der Umsatz. Auch bei Air France-KLM liegen die Kosten vier Prozent über dem Umsatz, bei der Lufthansa Group hielten sie 2024 noch in etwa die Waage.
Mitleid wäre dennoch fehl am Platz: Denn die meisten großen Fluglinien sind höchst profitabel. Der Grund: Sie verdienen längst nicht mehr nur an den Flugtickets, sondern – nach dem Vorbild von Billigfluglinien wie Allegiant in den USA oder Ryanair in Europa – an vielen Zusatzeinnahmen. Hier ein Überblick:
Sitzplatzgebühren
Im Flieger ist es eng, zumindest in der Economyclass. Wer für mehr Beinfreiheit in der Notausgangsreihe oder weit vorne sitzen will, um schnell aussteigen zu können, muss oft extra zahlen. Die Preise dafür liegen meist zwischen fünf und 20 Euro, können bei Langstreckenflügen für Sitze in der Businessclass aber auch dreistellig werden. Für viele Fluglinien ist die Sitzplatzreservierung die zweitwichtigste Zusatzeinnahme nach den Gepäckgebühren. Wie viel sie damit einnehmen, weisen sie so gut wie nie aus. Doch Anhörungen im US-Senat zu sogenannten Junk Fees zeigten, was dieser Posten fünf großen US-Airlines (Delta, United, American, Spirit und Frontier) von 2018 bis 2023 einbrachte: satte 12,4 Milliarden Dollar. Diese Einnahmen werden in vielen Ländern niedriger versteuert als die Ticketumsätze. Für Reisende mit Vielfliegerstatus sind die Reservierungen manchmal kostenlos. Fluglinien versuchen so, für ihre Meilenprogramme (siehe Seite 55) zu werben.
Catering
Die Verpflegung an Bord ist ein umsatzstarkes Geschäft. Schätzungen zufolge hatte der Inflight-Catering-Markt im Jahr 2024 ein Volumen von 17,2 Milliarden Dollar. Bis 2029 soll er auf 25,9 Milliarden Dollar wachsen. Menschen in der Luft mit Essen und Getränken zu versorgen ist kompliziert. Das Angebotene soll wenig wiegen – mehr Gewicht bedeutet höhere Kerosinkosten –, den Anforderungen des Flugzeugs und der örtlichen Behörden entsprechen und gleichzeitig den Geschmack möglichst vieler Gäste treffen. Immer häufiger beauftragen die Fluggesellschaften externe Caterer. Diese produzieren die Bordverpflegung meist effizienter, schließlich ist es ihr Kerngeschäft. Da außerdem viele Anbieter um die Aufträge konkurrieren, können die Airlines niedrige Preise aushandeln. Sie verkaufen die Verpflegung an Bord dadurch mit mehr Gewinn. Die Lufthansa veräußerte 2019 das Europageschäft der eigenen Cateringsparte LSG Sky Chefs für 1,1 Milliarden Euro. Den Rest stieß die Fluggesellschaft 2023 für eine nicht genannte Summe ab.
Frachtgeschäft
Der Transport von Gütern beschert den Fluggesellschaften hohe Einnahmen. Die Cargosparte der IAG setzte im vergangenen Jahr 1,2 Milliarden Euro um. Bei der Lufthansa macht die Logistiksparte mit 3,3 Milliarden Euro knapp neun Prozent des Umsatzes aus. Ihr Anteil am Gewinn beträgt 15 Prozent. Der Fluglinien-Dachverband IATA ging für 2024 von globalen Frachteinnahmen in Höhe von 120 Milliarden Dollar aus. Der Großteil der Luftfracht wird nicht in eigenen Frachtmaschinen transportiert, sondern fliegt im Laderaum von Passagierflugzeugen mit.
Hotelprovisionen
Wer online sein Flugticket bucht, dem werden im Anschluss passende Hotelzimmer und Mietwagen angeboten. An den so erzielten Umsätzen verdienen die Fluglinien selbstverständlich mit. Beispiel Hotelbuchung: Plattformen wie Booking.com erhalten von den Hotels in den meisten Fällen eine Vermittlungsprovision von 15 Prozent des Zimmerpreises. Die Plattform zahlt größeren Affiliate-Partnern bis zu 40 Prozent ihrer Provision. So erhalten Airlines für ihre Vermittlung also bis zu sechs Prozent der Buchungssumme.
Duty-free-Verkauf
Parfüms, Spirituosen oder Armbändchen gegen Migräne – wenn der Start mal wieder länger gedauert hat, dann blätterten Reisende zur Ablenkung gern im Katalog mit den Duty-free-Artikeln. Doch diese bieten nur noch wenige Fluggesellschaften an. Nach SAS, KLM und Finnair gab nun auch die Lufthansa bekannt, den Bordverkauf einzustellen. Der offizielle Grund: die sinkende Nachfrage. Branchenberichten zufolge fehlt es allerdings auch am Platz für die Verkaufstrolleys. Die Schnäppchenjagd verlagert sich deshalb auf die Duty-free-Shops am Flughafen.
Internetzugang
Waren Flüge über lange Zeit eine erzwungene Auszeit vom digitalen Dauerfeuer, etabliert sich Bord-Wifi nun immer stärker als Zusatzverdienst für die Airlines. Die Preise reichen von drei Euro (Kurzstrecke, Air France-KLM) bis 24 Euro (auf mehreren Flügen nutzbarer Tagespass, Delta). Die Höhe der Einnahmen weisen die Fluglinien nicht aus. Laut Schätzung von Fachleuten liegt das Marktvolumen weltweit bei 4,7 bis 9,2 Milliarden Dollar. Immer mehr Fluggäste erwarten, verlässlich online gehen zu können – auch 12.000 Meter über dem Ozean.
Oft einträglicher als der Flugbetrieb: die Meilenprogramme
Es war eine skurrile Fußnote der Coronapandemie: Während der Lockdowns konnten viele Flugzeuge nicht abheben. Das Kerngeschäft der Airlines war damit sprichwörtlich am Boden. Als sie deshalb Staatshilfen erbaten, zeigte sich, dass ihr wahrer Wert in den Meilenprogrammen steckt. So wurde beispielsweise 2020 das AAdvantage-Programm von American Airlines mit 18 bis 30 Milliarden Dollar deutlich höher bewertet als die Börsenkapitalisierung des Unternehmens mit damals rund 13 Milliarden Dollar. Während der Pandemie nutzten daher viele Fluggesellschaften ihre Meilenprogramme als Sicherheiten für Milliardenkredite.
Noch immer gelten sie als kostbar: Das Programm von Air France-KLM bewerteten Fachleute 2023 mit 6,9 Milliarden Dollar. Der Börsenwert der Airlines hinter dem Programm lag mit 4,8 Milliarden Dollar deutlich darunter.
Bonusmeilen sind eigene kleine Währungssysteme. Man registriert sich für ein Programm und sammelt dann bei Flügen Meilen. Kommen genügend zusammen, lassen sich diese gegen einen Prämienflug eintauschen. So lautete zumindest das Grundprinzip, als American Airlines im Jahr 1981 mit AAdvantage das erste internationale Meilenprogramm auflegte. Lange Zeit galt: Eine geflogene Meile bringt eine Meile aufs Punktekonto. So konnte man mit billigen Langstreckenflügen fleißig Meilen für teure Flüge sammeln.
Inzwischen haben fast alle Airlines auf eine umsatzbasierte Meilenvergabe umgestellt.
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Text: Jessica Braun und Christoph Koch
Foto: CHUTTERSNAP auf Unsplash




