Ob Glückwunschkarten oder Hausaufgaben: Heute kann man kaum sicher sein, dass Texte nicht von Künstlicher Intelligenz verfasst wurden. Doch zum Glück kann KI sich selbst entlarven. Wie gut sind solche Programme?
Ich bin von Natur aus kein misstrauischer Mensch. Ich habe mit meiner Frau rund zehn Jahre lang immer wieder fremde Menschen in unserer Wohnung leben lassen (und dafür im Austausch in deren Zuhause gewohnt). Wenn mir jemand sagt, dass er wegen einer Erkältung unsere Kinoverabredung sausen lassen muss, wittere ich keine faule Ausrede. Und wenn ich auf einer längeren Zugfahrt einen Kaffee trinken gehe, schleppe ich nicht mein gesamtes Gepäck mit ins Bordbistro, sondern vertraue darauf, dass meine Mitreisenden nicht mit meinen Habseligkeiten an der nächsten Station aussteigen.
Nicht misstrauisch also, für manche vielleicht sogar: gutgläubig. Doch seit ich mich intensiver mit generativer KI auseinandersetze, weiß ich, wie schnell und einfach sie sich nutzen lässt – auch für moralisch fragwürdige Zwecke. Dass mein Vertrauen in die Authentizität von Fotos endgültig dahin ist, habe ich bereits beschrieben. Aber was ist mit Texten? Wie viel von den Dingen, die ich täglich lese, sind wirklich noch von Menschen geschrieben? Und wo hat vielleicht einfach nur jemand auf einen Knopf gedrückt, um einen Zeitungsartikel oder einen Social-Media-Beitrag zu generieren? Beziehungsweise hat einer KI gesagt: »Schreibe meinem alten Freund Christoph einen freundlichen Geburtstagsgruß«?
Ich weiß, dass es inzwischen mehrere Online-Werkzeuge gibt, die versprechen, KI-generierte Texte von solchen zu unterscheiden, die Menschen verfasst haben. Das Problem: Die meisten von ihnen – wie »AI Detector«, »GPTZero« oder »AI Content Detector« – funktionieren nur für englische Texte. Zwei Dienste habe ich gefunden, die auch mit deutschen Texten klarkommen: Der »KI-Detector« von noplagiat.de überprüft Texte zu einer Länge von 2500 Zeichen kostenlos. »Copyleaks« wiederum ist für deutsche Texte von Anfang an kostenpflichtig.
Ich werde beide testen. Als erstes knöpfe ich mir journalistische Artikel vor. Das Verlagshaus Kölner Stadt-Anzeiger Medien hat neulich in einem Branchenmagazin verkündet, dass es inzwischen elf Prozent seiner Online-Texte von einer KI erstellen lässt. Der Express, das Boulevardblatt des Verlags, kennzeichnet alle KI-Artikel mit der Autorenzeile »Klara Indernach«. Schon kapiert: KI. Trotzdem bleibt ein komischer Nachgeschmack, auch weil die KI sogar ein menschliches Profilbild hat.
Aber es soll ja hier vor allem darum gehen, ob die Prüfwerkzeuge die Klara-Artikel zuverlässig als KI-Ware enttarnen können. Ich nehme also einen KI-Artikel (Thema: Flugstreichungen und dadurch steigende Flugpreise im Sommer) und füttere ihn in den »KI Detector«. Der Text bleibt knapp unter der Maximallänge für die Gratisversion. Doch die Webseite stellt ein deutlich zu positives Zeugnis aus: nur 15 Prozent KI-Wahrscheinlichkeit. Ich schaue noch mal auf die Webseite, von der ich den Klara-Indernach-Text habe. Okay, da steht: »Dieser Text wurde mit Unterstützung Künstlicher Intelligenz (KI) erstellt und von der Redaktion bearbeitet und geprüft.« Also könnte, wenn die menschliche Redaktion noch viel geändert hat, die 15-Prozent-Wertung womöglich stimmen. Als ich den Text bei »Copyleaks« prüfen lassen, senkt sich der Daumen: »100 Prozent KI« lautet das Urteil. Doch Moment! Die Webseite hat gleichzeitig herausgefunden, dass der Text genau so im Internet zu finden ist – eben auf der Nachrichtenseite von der KI-Mitarbeiterin Indernach. Vielleicht basiert die KI-Einstufung von CopyLeaks also nur darauf, dass mein hochgeladener Text eine Kopie ist? Ein Wesenszug von generativer KI ist ja, dass sie Dinge aus dem Netz oder anderen Quellen, mit denen sie trainiert wurde, neu zusammenrührt und wieder ausspuckt.
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Text: Christoph Koch
Foto: Screenshot
Es gibt eine Grauzone.
Was ist ein KI-Text?
Ich schreibe z.B. meine Texte selbst, lasse sie aber sprachlich mit einer KI optimieren.
Ist es nun ein KI-Text?
Sehr gute Frage, die uns in Zukunft noch oft beschäftigen wird, denke ich.