Benjamin Stoll: Mein Medien-Menü (Folge 34)

Written by on 10/12/2012 in Was ich lese with 0 Comments

In der Reihe “Mein Medien-Menü” stellen interessante Menschen ihre Lese-, Seh- und Hörgewohnheiten vor. Ihre Lieblingsautoren, die wichtigsten Webseiten, tollsten Magazine, Zeitungen und Radiosendungen – aber auch nützliche Apps und Werkzeuge, um in der immer größeren Menge von Informationen, den Überblick zu behalten und Wichtiges von Unwichtigem zu trennen. Jeden Montag also ein neues Medien-Menü. Diese Woche: Der Münchner Digital-Berater Benjamin Stoll. 

Wie informierst du dich morgens als erstes?

Früher habe ich Zeitschriften (meistens Spiegel, Kicker) und Zeitungen (meistens SZ) auf dem Weg zur Arbeit gelesen. Heute komme ich mit Zeitungen aus Papier eigentlich nur noch am Flughafen in Form von Gratis-Exemplaren in Berührung. Die Wochenendausgabe der SZ hole ich mir gelegentlich als interaktives ePaper aufs iPad. Unter der Woche lese ich entweder News unterwegs via Smartphone oder zum Frühstück auf dem Tablet. Hier bin ich seit längerem immer mehr zum „Social Reader“ mutiert: Mein medialer Konsum wird sehr stark von Twitter, Facebook und Aggregatoren-Apps wie zite, Flipboard oder Pulse.me beeinflusst. Hier entdecke ich regelmäßig spannende Artikel, Blogpost-Schätze und neue, tolle Quellen (egal ob Blogs oder Medien). Bevor Twitter das Unternehmen gekauft hat, war Summify einer meiner morgentlichen Lieblings-Aggregatoren. Posterous und Tumblr nutze ich nur noch gelegentlich. Dennoch surfe ich meistens auch Websites wie spiegel.de, sueddeutsche.de, bild.de, spox.com und newyortimes.com morgens kurz an.

 

Welche Zeitungen / Magazine hast du im Abo oder liest du regelmäßig?

Ein klassisches Print-Abo habe ich seit mehreren Jahren nicht mehr. Auf dem iPad habe ich aktuell die amerikanische Wired, die deutsche Chip und die Sport Bild Plus (nicht nur aus beruflichen Gründen) abonniert. Als Einzelausgaben kaufe ich dort z.B. National Geographic, Conde Nats Traveler, Sports Illustrated, die deutsche Wired, Brand eins, den Spiegel oder den New Yorker. Gedruckte Magazine konsumiere ich immer seltener (zuletzt t3n, Brand Eins, BAYERN-Magazin, Titanic Magazin, Vice Magazin, Red Bulletin).

 

 

Was liest du auf Reisen?

Auf Reisen lese ich meistens Bücher aus Papier. Die Digitalisierung bietet tolle, spannende Möglichkeiten, aber auf Bücher aus Papier möchte ich in vielen Nutzungssituationen einfach nicht verzichten. Auf meiner letzten Reise nach Japan, Taiwan und Bali habe ich drei Bücher von Haruki Murakami gelesen. Ich lese auch gerne Bücher, die im Zusammenhang mit dem Reiseland stehen (z.B. „The Glass Palace“ von Amitav Ghosh und „Burmese Days“ von George Orwell während Myanmar-Reise oder „Wenn es Krieg gibt, gehen wir in die Wüste“ von Henno Martin während Namibia-Reise. Auf Reisen lese ich auch immer wieder gerne Hermann Hesses „Siddharta“ oder Kurzgeschichten von Roald Dahl. Der etwas andere Lese-Tipp für unterwegs: Tony Wheelers „Badlands“ (Der Gründer des Lonely Planet bereist die Länder der „Achse des Bösen“). Oder auch: „Ohne Geld bis ans Ende der Welt“ von Michael Wigge, der auf allen Kontinenten der Welt „couchsurfte“. Couchsurfing ist für mich ein Paradebeispiel für die tollen, verbindenden Möglichkeiten der digitalen Welt.

 

 

Welche Nachrichtenseiten im Netz sind Dir wichtig?

Spiegel.de, sueddeutsche.de, bild.de, spox.com, sport1.de, newyorktimes.com, theguardian.co.uk, faz.net, zeit.de und carta.info.

 

Welche Blogs liest du?

Zu den meisten spannenden Blogposts komme ich durch Empfehlungen via Twitter und Facebook. Regelmäßig lese ich hier z.B. netzwertig.com, Indiskretion Ehrensache, neunetz.com, crackajack.de (ehemals nerdcore), Sascha Lobo auf spiegel.de usw. Ansonsten auch gerne Fußball- und Sportblogs, z.B. allesaussersport, digital-football.com, theuksportsnetwork.com sowie Jens Weinreich, dessen Arbeit ich bewundere. Toll finde ich auch Stefan Plöchingers Einschätzungen zum „Medienwandel“. Insgesamt ist mein Konsum jedoch besonders bzgl. Blogs einem stetigen Wandel unterzogen.

 

 

Highlights aus deinem RSS-Reader?

Hier fallen mir spontan folgende Blogs ein: e-garten (News & Szene aus München), Bundesligaclassic (Fußball-Nostalgie),  fuckyouverymuch.dk („Mood Porn“), der-postilllon (Satire), PSFK (Business Inspiration), Munich Photo Blog, Bettertastethansorry, Herm’s Farm und theimpossiblecool

 

Was ist wichtige berufliche Lektüre für dich?

Spannend fand ich z.B. Bücher von Malcolm Gladwell. „The Tipping Point“ ist hier besonders zu empfehlen. Ansonsten lese ich kaum Bücher, sondern sehr viele Blogs sowie Twitter-Accounts, denen ich folge. Auch Newsletter spielen hier eine wichtige Rolle für mich. Auf Slideshare finde ich spannende Präsentation zu interessanten Themen. Statista bietet mir hier z.B. in Form von Infografiken einen tollen täglichen Informationsservice. Inspirierend sind auch TED Talks, die ich gerne schaue.

 

 

Welches Buch hat dich in letzter Zeit am meisten beeindruckt?

 

Am meisten beeindruckt hat mich kürzlich Haruki Murakamis „What I talk about when I talk about Running“, eine Art Biografie sowie Liebeserklärung an den Marathon sowie Ausdauersport. Das Buch zeigt eindrucksvoll, welche Disziplin und Liebe Murakami für die fiktionalen Literatur sowie den Laufsport entwickelt hat und lebt.

 

Welche Apps/Tools/Programme helfen dir, informiert zu bleiben?

 

Twitter, Facebook, Flipboard, zite sowie weitere Aggregatoren. Interessante Artikel, Medien-Inhalte und Zitate speichere und klassifiziere ich via diigo bzw. evernote. Qualitativ hochwertige Antworten zu bestimmten Fragestellungen / recherchen finde ich oftmals auf der Plattform Quora. Auch über Pinterest spüre ich oft neue, spannende Inhalte auf.

 

 

Welche Rolle spielen Leseempfehlungen/Links durch Soziale Netzwerke?

 

Seit Jahren eine sehr wichtige. Tendenz weiter steigend. Dennoch werde ich zukünftig auch weiter gezielt bestimmte Websites und digitale Magazine ansurfen, antippen und konsumieren.

 

 

Von wem oder was fühlst du dich dort besonders gut informiert?

 

Ich denke, dass hier national spiegel.de und sz.de für mich eine besondere (gelernte) Rolle spielen. International newyorktimes.com. Ansonsten schätze ich carta.info sowie vocer.org sehr.

 

 

Gibt es tägliche oder wöchentliche Leserituale?

 

Gerade pendel ich sehr viel zwischen Hamburg und München. Unterwegs lese ich oft via der App Pocket vom Smartphone gespeicherte Artikel dann auf dem iPad. Pocket hat für mich als Bookmark-Aggregator Instapaper abgelöst. In Flipboard laufen meine abonnierten RSS-Feeds ein. Hier herrscht jedoch das Prinzip Chaos. Ich habe mittlerweile so viele Feeds abonniert, dass ich den Überblick verloren habe und vieles gar nicht mehr zu sehen bekomme. Das Prinzip Aktualität gewinnt hier gegenüber dem der Ordnung. Auch Twitter, Facebook und Instagram habe ich zusammen mit vielen „Lieblings-Quellen / -Publishern“ auf Flipboard „menüisiert“. Flipboard ist seit einiger Zeit meine auf der Grundlage meines „Social- und Interest Graphs“ personalisierte digitale „Lieblingszeitschrift“ geworden. Jedoch ganz ohne geht auch nicht: Wenn es die Zeit zulässt, versuche ich im Bett vor dem Einschlafen noch zum klassischen Buch zu greifen (aktuell Fitzgeralds „The Great Gatsby“ und Murakamis Drei-Bände-Monster „1Q84“). Im Moment sind diese Bemühungen leider zu selten erfolgreich.

 

 

Wer sind deine Lieblingsautoren (Buch, Zeitung, Magazin)?

 

Schriftsteller, die ich gerne lese sind z.B. Michel Houellebecq, Frederic Beigbeder und Franz Kafka. Sehr spannend finde ich auch Artikel und Geschichten von Hunter S. Thompson im typischen Gonzo-Stil (z.B. „The Great Shark Hunt“). Früher habe ich auch gerne Peter Scholl-Latour gelesen (Die Klitschkos würden sagen: „Schwere Kost“).

 

 

Gibt es eine Radio- oder Fernsehsendung, die du möglichst nie verpasst?

 

Sonntagabend ist meistens Tatort-Zeit, wenn ich zuhause bin. Mittlerweile schaue ich den Tatort (aber nur wenn die Twitter-Timeline sowie Kritiken dies empfehlen) aber auch an einem der Folgetage via ARD Mediathek. Ansonsten habe ich keine regelmäßigen Favoriten. Wenn ich in Hotels aufwache, schaue ich immer Frühstücksfernsehen. Wieso, kann ich spontan nicht erklären. Ansonsten wünsche ich mir, dass Sky bald auch die Bundesliga und die Champions League nur für mobile Endgeräte im Abo anbietet.

 

 

Hast du einen Lieblings-Podcast?

 

Für Podcasts fehlt mir oftmals die Geduld. Ich habe zwar ab und zu den einen oder anderen Podcast beim Joggen oder Zugfahren gehört, bin jedoch nie so richtig darauf hängen geblieben. Aktuell gefällt mir der Sportradio360-Podcast ganz gut. Generell habe ich hier viel Nachholbedarf und freue mich über Podcast-Tipps.

 

 

Wie haben sich deine Lesegewohnheiten in den letzten Jahren geändert?

 

Für normale News und den täglichen Informationsbedarf greife ich fast ausschließlich auf digitale Angebote zurück. iPad und iPhone machen geschätzt 60%, der Laptop 40% meines Medienkonsums aus. Ich lese zwar auch Long Formats und ebooks auf dem iPad, werde aber das gute alte Papier-Buch auch nie aus meiner persönlichen Medien-Konsumlandschaft verbannen. An bestimmten Orten (z.B. am Meer oder See, im Biergarten, im Flugzeug) sind Bücher einfach praktischer. Zudem empfinde ich die Haptik und das Leseerlebnis eines Buches immer noch als so charmant, dass ich darauf nicht verzichten möchte.

 

Text & Foto: Benjamin Stoll 

 

Benjamin Stoll ist Berater und Digital-Stratege aus München. Nach Stationen bei Sport1, Serviceplan und GMR Marketing hat er 2011 die Agentur the missing piece gegründet und berät Unternehmen, wie sie den „digitalen Wandel“ für sich nutzen können.

 

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Wer das Medien-Menü regelmäßig gerne und mit Gewinn liest und sich dafür bedanken möchte, findet hier einen Amazon-Wunschzettel voll von Dingen, mit denen man mir eine Freude machen kann.

Vielen Dank an “The Atlantic Wire” für das wundervolle Format (dort heißt es “What I Read”). Wer Vorschläge hat, wer in dieser wöchentlichen Rubrik auch einmal zu Wort kommen und seine Lieblingsmedien vorstellen und empfehlen sollte, kann mir gerne schreiben.

Offenlegung: Mit einigen der Menschen, die hier in “Was ich lese” ihre Mediengewohnheiten vorstellen, bin ich befreundet.

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About the Author

About the Author: Christoph Koch ist Journalist (brand eins, GEO, NEON, Wired, GQ, SZ- und ZEIT-Magazin, Süddeutsche, etc.), Autor ("Ich bin dann mal offline" & "Digitale Balance" & "Was, wäre wenn ...?") sowie Moderator und Vortragsredner. Auf Twitter als @christophkoch unterwegs, bei Mastodon @christophkoch@masto.ai .

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