A bis Z: Der One-Night-Stand

Written by on 20/05/2008 in Neon with 1 Comment

Unkomplizierter SEX ist eine Wissenschaft für sich. Ein Überblick von A wie Anfängerfehler bis Z wie »Zu dir oder zu mir?«

Anfängerfehler

Neulinge in Sachen One-Night-Stand, ob männlich, ob weiblich, erkennt man daran, dass sie zu oft betonen, dass es sich um etwas »völlig Unverbindliches« handele. Erfahrene erwähnen dies lediglich einmal – sollte es im Club zu laut sein, vielleicht auch zweimal. Wer es öfter betont, zeigt nur, dass es für ihn eben doch nicht alles so »obereasy« ist. Der zweithäufigste Anfängerfehler: am übernächsten Tag anrufen und fragen, ob der andere mit in den Zoo will.

Bannmeile

Vollkommen ungeeignet für Spaßsex, der keine Folgen haben soll:

  • die eigenen Nachbarn
  • Expartner von Freunden
  • eigene Expartner
  • Teilnehmer von Castingshows
  • Männer, die sagen, sie seien Versager
  • Frauen, die bald einen runden Geburtstag feiern


Casual Sex

Ist mehr als ein One-Night-Stand und weniger als eine Affäre: Wer regelmäßig Sex ohne Verpflichtung haben will, der wähle diese Variante. Ein durchschnittlicher Dreißigjähriger hat drei bis vier feste Partnerschaften und drei Jahre Singledasein hinter sich – das behaupten zumindest Sexualforscher. Für die Zwischenphasen ist Casual Sex eine Option. Fündig wird man bequem in Onlineportalen (>www).


Danke

Sich für einen schönen Abend und eine tolle Nacht zu bedanken, sollte für beide Seiten am nächsten Morgen
drin sein – selbst wenn sich alles eher fad gestaltet hat. Bei groben Patzern (20-Sekunden-Tony/ Schreihals-Gaby), kann man sich die Dankesrede aber sparen und die Strategie von abstiegsgefährdeten Fußballtrainern beherzigen: »Durchstreichen und weitermachen.«


Ekstase

Bei One-Night-Stands einerseits einfacher, andererseits schwieriger zu erreichen als beim gut eingespielten Beziehungssex. Grund für dieses Paradoxon: Fremdes und Unbekanntes kickt zunächst einmal mehr, ist auf regender und überraschender (Ui, was macht die Zunge denn dort!). Manch einer kann sich auch besser gehen lassen, wenn er weiß, dass er den anderen vermutlich nie wiedersehen wird. Gleichzeitig bleibt aber stets die Ungewissheit, wie dieses Abgehen beim Gegenüber an kommt (Denkt sie, ich bin ein Freak, wenn ich will, dass sie mir beim Blasen einen Finger in den Hintern steckt? >Pannen).


Fundort

Dem Klischee nach ist eine Bar der beste Platz, um jemanden abzuschleppen. Aber Forschungen des amerikanischen Soziologen Edward Laumann haben spezifiziert, wo die Leute ihre Partner für One-Night-Stands finden: nämlich überall. 46 Prozent wurden an der Theke fündig (>Restevögeln), 41 Prozent am Arbeitsplatz, 39 Prozent auf Partys und sogar 22 Prozent an der Uni.


Genitalschock

»Wie sieht das Ding wohl aus?«, ist eine Frage, die sich Frauen durchaus stellen. Und was auch immer Mütter und liebende Freundinnen sagen: Es kommt auf die Größe an – zumindest für die erste Reaktion nach Überwindung der >Unterwäsche: Ein Nachteil von Penissen ist ja, dass man sie sich nicht größer trinken kann.


Hoffnung

Bleibt dieser Mensch, der jetzt im Bett neben mir liegt, vielleicht auch länger? Werden wir uns wiedersehen? Im Prinzip haben solche Gedanken beim One-Night-Stand nichts verloren. Aber trotzdem: Ob die durchwühlte Nacht mehr als eine einmalige Befriedigung wird, liegt an der Qualität des Erlebten. 47 Prozent der Männer sagen, dass es nur zu einer Beziehung kommt, wenn der Sex richtig gut war. Bei den Frauen sagten das nur 15 Prozent. Semirepräsentative Umfragen unter Freunden und Freundinnen haben ergeben, dass fast alle auf bestimmte One-Night-Stands lieber verzichtet hätten.


»Ich melde mich«

Sagen nur fiese Menschen, die sich selbst besser fühlen wollen.


Jammern

Niemand muss sich bei einem One-Night-Stand auf ein rein triebgesteuertes Sexobjekt ohne Biografie und Seelenleben reduzieren lassen. Es ist durchaus erlaubt, von sich zu erzählen, zu plaudern – auch das Lachen muss sich niemand verkneifen. Aber wer sich nur für eine Nacht zum anderen gesellt, möchte nichts hören über gemeine Chefs, Problemzonen, angespannte Finanzlage nach Immobilienerwerb, psychopathische Exfreundinnen, Steuernachzahlungen oder anderen Ungemach, den das Leben so bereitet. Für solche Themen ist schließlich der geduldige Freundeskreis da – oder ein beliebiges Internetforum. Denn selbst wenn man es auf der Couch treiben sollte, wird der andere noch lange nicht zum Psychiater.


Kondome

Ohne geht nicht. Oder? Fast ein Viertel aller 14- bis 25-jährigen Männer in Deutschland würden bei einem One-Night-Stand auf den Gummi verzichten – so das Ergebnis einer Umfrage. Vorsichtiger sind die Frauen: Mehr als achtzig Prozent der Befragten kramen lieber erst mal in der Schublade.


Lockstoff

Biochemiker versuchen den Koitus gezielt herbeizuführen. Ein Produkt mit dem sinnigen Namen »One-Night-Stand« verspricht, dass es »die gewünschte Partnerin magisch anzieht«. Kosten: 5,18 Euro für eine 2-ml-Ampulle mit Pheromoncocktail. Ob es wirkt? Fakt ist, dass Frauen auf AND, ein im Schweiß von Männern enthaltenes Testosteronderivat, Männer auf EST, einen im weiblichen Urin vorkommenden östrogenähnlichen Stoff, reagieren. Ob man mit »One-Night-Stand« nachhelfen sollte? Der Name der Bestellseite gibt eher zu denken: desaster.com.


Marktforschung

Laut der in 41 Ländern durchgeführten »Durex Global Sex Survey« haben insgesamt 44 Prozent der Befragten Erfahrungen mit One-Night-Stands. Eine andere Umfrage belegt, dass in Deutschland 73 Prozent der Frauen und 83 Prozent der Männer zwischen 18 und 29 Jahren das Abenteuer für eine Nacht »generell in Ordnung« finden. In den USA hingegen hat Oprah Winfrey ermitteln lassen, dass 80 Prozent der Frauen finden, Sex mit einem Quasiunbekannten (>Neuland) sei nuttig.


Neuland

Auch wenn wir es uns gerne einreden: One-Night-Stands finden nicht mit völlig Fremden statt. Wir suchen uns Menschen dafür aus, die uns sehr ähnlich sind, was Alter, Bildung, Status und Hautfarbe betrifft, so Soziologieprofessor Edward Laumann. Ob wir eigentlich am liebsten mit uns selber schlafen würden, beantwortet Laumann leider nicht.


Okay

Den schönsten Dialog zum Thema Katzenjammer liefern sich Natalie Portman und Jason Schwartzman in »Hotel Chevalier «, dem Vorfilm zu »Darjeeling Limited« (auch wenn die beiden Charaktere mal ein Paar waren, es also streng genommen gar kein One-Night-Stand ist). Sie: »Wenn wir jetzt ficken, werde ich mich morgen beschissen fühlen.« Er: »Das ist okay für mich.«


Pannen

Passieren bei One Night Stands deutlich häufiger als bei Beziehungssex, da eine Reihe erschwerender Faktoren zusammenkommen können: Nervosität, unterschiedliche Vorstellungen, Alkohol, falsche Versprechungen, schlechtes Gewissen, fehlende Kommunikation über die eigenen Wünsche. Hinterher werden diese Pannen natürlich weggeschwindelt. Männer prahlen mit sexuellen Eroberungen, die es gar nicht gab, Frauen schwärmen von ihrem „herrlich unkomplizierten“ Sexleben als Single. Und so behalten One Night Stands, obwohl sie meist die Tiefpunkte sexueller Biografien darstellen, ihren aufregenden, verheißungsvollen Mythos.


Quote

Eine etwas eigentümliche Art herauszufinden, wann man genug herumgevögelt hat, schlägt die australische Mathematikerin Clio Cresswell vor: In ihrem Buch »Wie viel Sex passt in ein Einmachglas?« beschreibt sie die »Zwölf-Nummern-Regel«. Zwölf Partner, so ihre These, sollte man mindestens getestet haben, bevor man sich auf einen festlegt – damit habe man immerhin eine 75-prozentige Chance, den Partner fürs Leben zu finden. Interessant: Die gleiche Methode hilft laut der Statistikerin auch, den idealen WG-Mitbewohner zu finden. Allerdings soll man die zwölf Bewerber lediglich zum Gespräch einladen.


Restevögeln

Wer um 4 Uhr morgens noch immer keinen zum Knutschen gefunden hat, sollte die Hoffnung auf einen Sexualpartner für diese Nacht aufgeben, sonst ist das Erwachen ein böses. Denn in der Tat kann man sich Menschen schön trinken: Mit jedem 0,5-Liter-Glas Bier (oder nach jedem dritten Wein), das Frauen zu sich nehmen, steigt die gefühlte Attraktivität des Gegenübers angeblich um 25 Prozent. Dazu kommt, dass der Mann wahrscheinlich auch nicht mehr nüchtern ist – was sich fatal auf das eigentliche Ansinnen auswirkt: Bei den meisten Männern sorgt Alkohol nämlich zwar für steigende Lust, aber leider auch für eine schlappe Performance. Denn Alkohol betäubt die Nerven so sehr, dass selbst die pornöseste Stimulation leider oft nicht für eine standesgemäße Erektion ausreicht.


Sinn der Sache

Sex.


Telefonnummer

Eigentlich ganz einfach: Wer nicht angerufen werden will, sollte seine Nummer am Morgen danach nicht rausrücken – dann kann man sich später Ausflüchte sparen, in denen Wortfetzen wie »Fremdenlegion« oder »überraschend geheiratet« vorkommen. Und wer nicht die Absicht hat, sie jemals zu wählen, sollte nicht nach der Nummer des anderen fragen – und somit keine falschen Hoffnungen wecken (>»Ich melde mich«). Die vermutlich unehrlichste Aktion ist jedoch die herausgegebene Nummer, die einen, hoppla, Zahlendreher beinhaltet oder bei der die Sechs doch ein klitzekleines bisschen aussieht wie eine Acht. Wer sich für solch peinliche Aktionen nicht zu alt fühlt, sollte am besten überhaupt keinen Sex haben.


Unterwäsche

Eines der letzten großen Mysterien: Warum klappt es mit dem lange ersehnten One-Night-Stand vor allem dann, wenn man die Unterwäsche mit den Bärchen (Frauen) oder dem Aufdruck des Wochentages (Männer) trägt? Andererseits: Wer hat sich schon mal ernsthaft eine Nacht durch seine Unterwäsche versaut? Was liegt, das liegt.


Verluste

Man schleicht sich morgens verkatert aus der Bude des namenlosen Menschen mit dem man Koitus hatte, und stellt vor der eigenen Haustür fest, dass Schlüssel und Portemonnaie noch irgendwo zwischen seiner Wohnungstür und dem Bett liegen müssen. Mist. Also: Vor Verlassen des Sexschauplatzes checken, ob man alles eingepackt hat. Nach dem Aufstehen sollte man sich sowieso erst mal eine paar Minuten sammeln. In der ersten Panik soll es schon vorgekommen sein, dass man aus seiner eigenen Bude flieht.


www

Freunde, Bücher, Musik – im Internet bekommt man alles. Auch Sexpartner. Ganz easy über Seitensprungagenturen wie z. B. lovepoint.de. Aus 160 000 Mitgliedern filtert man einfach die Kandidaten heraus, die gleiche Vorlieben haben. Ganz egal, ob man nun auf Kuschelsex oder SM-Spiele steht. Für Frau en ist das Onlineabenteuer sogar kostenlos. »Durch das Internet wird es Frauen leichter gemacht, so offensiv zu sein wie Männer«, sagt Christiane Eichenberg, Psychologin an der Uni Köln.


X-fach abgeblitzt

Vielleicht liegt es auch am falschen Wohnort, wenn Männer allein nach Hause gehen? Jede vierte Frau kann sich vorstellen, bereits beim ersten Date auch Sex zu haben. Das hat eine Umfrage des Stuttgarter Instituts für rationelle Psychologie ergeben. Vor zehn Jahren sei dazu nur jede zehnte Frau bereit gewesen. Am muntersten in dieser Hinsicht seien demnach die Kölnerinnen, die auch am schnellsten auf einen Flirt eingehen. Die Frauen aus Berlin und Leipzig lassen sich im bundesweiten Vergleich auch nicht lange bitten. Am längsten zieren sich die Frauen in Bayern und in Schleswig-Holstein.


Yoghurt

Das Frühstück am Morgen danach und wie es am besten zu beschreiten ist – freundlich-zärtlich oder distanziert-rauchend – sollte sich im Idealfall an den Vorgängen der durchlebten Nacht orientieren. Jemanden ohne Frühstück aus der Wohnung zu werfen, ist in jedem Falle unhöflich. Wenn nichts im Kühlschrank ist, tun es auch Kaffee und Croissant vom Café an der Ecke. Wer keine Lust auf ein Frühstück hat, sollte natürlich auch zu nichts gezwungen werden. Vorsicht ist vor allem bei Bettgenossen geboten, die am nächsten Morgen ein Büfett mit Erdbeeren, dreierlei Cornflakes und frisch gepresstem Orangensaft bereitstellen. Denn die sehen in der vergangenen Nacht kein einmaliges Abenteuer, sondern den ersten Gang eines Menüs aus Parkpicknicks, Fahrradtouren und gemeinsamen Besuchen bei IKEA (>Anfängerfehler).


Zu mir oder zu dir?

Im Zweifelsfall? Zu ihr. Frauen sind entspannter, wenn sie ihre vertrauten Badezimmerutensilien um sich haben. Männer hingegen erinnern sich meist nicht mal mehr daran, wer Kanzler war, als sie zuletzt die Bettwäsche gewechselt haben.

Text: Petra Harms & Christoph Koch

Erschienen in: NEON

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About the Author

About the Author: Christoph Koch ist Journalist (brand eins, GEO, NEON, Wired, GQ, SZ- und ZEIT-Magazin, Süddeutsche, etc.), Autor ("Ich bin dann mal offline" & "Digitale Balance" & "Was, wäre wenn ...?") sowie Moderator und Vortragsredner. Auf Twitter als @christophkoch unterwegs, bei Mastodon @christophkoch@masto.ai .

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